Staatliche Anerkennung der Schreiner- Stiftungen

– Ersten private Stiftungen im Landkreis Bitterfeld nach dem Zweiten Weltkrieg

Mit einem Festakt im Bauhaussaal des Regierungspräsidiums Dessau fand am 29. Oktober 2003 die staatliche Anerkennung der Schreiner-Stiftung für Forschung und Bildung sowie der Schreiner-Familienstiftung statt. Mit diesen beiden neu errichteten rechtsfähigen Stiftungen bestehen nun im Landkreis Bitterfeld insgesamt fünf Stiftungen, darunter drei kirchliche Altstiftungen aus den Jahren 1315, 1709 und 1901.

Stiftung übersicht

 

 

 

 

 

Die Festansprache hielt Regierungspräsident Thomas Leimbach. Es gäbe noch zu selten private Personen, die den Einsatz von Stiftungen sowohl für den Dienst am Gemeinwohl und zugleich als sinnvolle und dauerhafte Alternative zur Regelung der Unternehmensnachfolge wählen. Immerhin stammen die ältesten bis heute in Sachsen-Anhalt bestehenden Stiftungen aus dem 14. Jahrhundert und stellen somit ihre generationenübergreifende Nachhaltigkeit unter Beweis.

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Zweck der als gemeinnützig anerkannten Schreiner-Stiftung für Forschung und Bildung sind die Förderung

a) von Forschungs- und Entwicklungsprojekten auf Gebieten der Verhütung und Bekämpfung von Infektionserkrankungen und Seuchen bei Menschen, Tieren und Pflanzen durch ökologisch und toxikologisch vorteilhafte Mikrobizide;

b) der Publikation von Forschungsergebnissen auf diesem Gebiet

c) der Aus- und Weiterbildung

Dieser Stiftungszweck, so Leimbach, der natürlich eng mit dem Erfolg des Unternehmens und natürlich eng mit der Vita der Familie Schreiner verbunden ist, hat Seltenheitswert. Die Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei praktisch allen Lebensformen erscheine ihm als vortreffliche Wahl.

Ausgestattet wird die Schreiner-Stiftung für Forschung und Bildung mit 70 % der Geschäftsanteile der KESLA PHARMA WOLFEN GMBH. Damit ist diese Stiftung dann Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens.

Zweck der Schreiner-Familienstiftung, die 30 % der Geschäftsanteile der KESLA PHARMA erhält, ist neben der Förderung direkter Familiennachkommen, soweit sie für eine Tätigkeit in den stiftungseigenen Unternehmen Neigung und Fähigkeiten zeigen, auch die Unterstützung der Pflege und Erhaltung des Schlossparkes der Stadt Netzschkau/Vogtl. Auch hier, so Leimbach, eine schöne Kombination aus weit vorausschauenden und altruistischen Motiven.

Besondere Freude bereite ihm das mit diesen Stiftungen zum Ausdruck kommende persönliche Engagement der beiden Stifter. Es handele sich hier um einen der wenigen Fälle im Regierungsbezirk Dessau, bei denen sich private Personen unwiderruflich eines großen Teiles ihres Vermögens entäußern, um sowohl Ziele für die Allgemeinheit als auch für die langfristige Unternehmensnachfolge die gerade in dieser Region mit der dringend nötigen Sicherung von Arbeitsplätzen verbunden sei in vorbildlicher Weise zu lösen.

Die beiden Schreiner-Stiftungen sind die ersten privaten Stiftungen im Landkreis Bitterfeld seit der Wiedervereinigung. Damit tragen sie zur Entwicklung der regionalen Identität bei und sie geben Beispiele. Nach seiner persönlichen Überzeugung komme es in der heutigen Zeit eindeutig zu kurz: beispielgebend zu handeln. Auch wenn man Unternehmer sei, auch wenn man für ein bemerkenswert gut entwickeltes Unternehmen Verantwortung trägt.

Man müsse auch der Gesellschaft vor Augen halten, dass sie auf die Kälte, von der oft gesprochen werde, durch Wärme Einzelner eine würdige Antwort erfahren kann. Das Ehepaar Schreiner zeige durch sein Handeln eben jenes Maß an Wärme und Verantwortung, ohne die eine Gesellschaft auf Dauer nicht bestehen kann.

Dafür wünsche er nicht nur den Stiftungen in der dauerhaften Erfüllung ihrer Aufgaben alles Gute, sondern sage auch den Stiftern Dank Dank auch im Namen derer, die vielleicht bedacht werden ohne dafür zu danken.

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Mit Überreichung der Urkunden durch den Regierungspräsidenten erfolgte die Anerkennung der Stiftungen, beide mit Sitz in Greppin, gemäß § 80 BGB und den §§ 1 und 3 des Stiftungsgesetzes von Sachsen-Anhalt. Beide Stiftungen erhielten damit den Status rechtsfähiger juristischer Personen des privaten Rechts.

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Nach dem Erhalt der Anerkennungsurkunden sprach dann Dr. Gerd Schreiner im Namen des Stifterehepaares zu den Anwesenden: …Durch den Akt der staatlichen Anerkennung erleben wir heute mit Freude und Bewegung die Geburt von zwei neuen juristischen Personen, also von zwei Wesen ohne Körper, die unser Leben beeinflussen und nachhaltig verändern werden.

In der Familie Schreiner wurden wie in den meisten anderen Familien zunächst einmal natürliche Personen geboren. Die heute anwesenden Söhne Hendrik und Thoralf geben davon Zeugnis. Fünf Jahre nach der Geburt unseres jüngsten Sohnes Maik, der heute leider nicht mehr körperlich unter uns sein kann, wurde im Juli 1991 die Kesla Chemie GmbH – heute heißt sie KESLA PHARMA WOLFEN GMBH – als erste juristische Person geboren. Dieses Wesen hat unser Leben entscheidend verändert.

Nach strapaziösen Anfangsjahren, vergleichbar mit der oft nervenzehrenden Babyzeit eines Menschenkindes, wuchs die Kesla zu einem gesunden und immer kräftigeren Wesen heran. 1998 und 2000 kamen mit der Kesla Forschung & Service KG und der Kesla Hygiene AG noch zwei Geschwister hinzu, die arbeitsteilig gut miteinander leben und auskommen.

In den ersten zwei Jahren des neuen Jahrtausends gab es in unserem Leben dramatische Ereignisse und sehr schmerzhafte Einschnitte, die uns bewusst gemacht haben, dass juristische Personen viel länger leben können als natürliche und, dass nichts so fest ist, wie man glaubt, sondern dass das einzig Beständige in unserem Leben die Veränderung ist.

Immer wieder findet man Beispiele dafür, wie scheinbar stabile und prosperierende mittelständische Unternehmen ins Strudeln kommen und zum Spielball egoistischer Interessen werden, wenn die Unternehmensgründer als Integrationsfaktoren wegfallen. Diese und andere Überlegungen haben uns in der Auffassung bestärkt, dass das Schicksal der Kesla-Gruppe auf Dauer nicht von zwei Einzelpersonen abhängen sollte. Die Rechtsfigur der Stiftung nahm in unseren Gedanken seit jenen Ereignissen mehr und mehr Raum ein.

Mit diesen beiden Stiftungen wollen wir in einer scheinbar von Pessimismus und Zukunftsangst dominierten Zeit auch ein Zeichen der Zuversicht durch langfristiges Handeln geben.

Warum gedeihen manche mittelständische Unternehmen auch in schlechter Zeit, während andere untergehen. Es gibt im Einzelfall sicher mehrere Gründe, aber einer spielt nach unserer Überzeugung eine zentrale Rolle: Es ist die Moral im Denken des Spitzenmanagements: Es ist die Frage: Dienen oder Bedienen? Wir verstehen eine juristische Person als ein lebendes Wesen ohne Körper. Wir sind als Geschäftsführer oder Vorstände nur seine ausführenden Organe. Wer seine Eigeninteressen über die Interessen solcher Wesen stellt, wird früher oder später im Desaster enden.

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass eine juristische Person als körperloses Wesen nach seiner Geburt ein Eigenleben entfaltet und von seinen Eltern und Angehörigen erst einmal viel Kraft und Aufmerksamkeit fordert. Es gibt uns diese Kraft aber auch in der Zeit seines Blühens und Gedeihens vielfach wieder zurück.

In diesem Sinne möchten wir von Herzen wünschen, dass die beiden heute geborenen Wesen stets die redlichen und engagierten Personen in Vorstand und Kuratorium finden mögen, die sie brauchen für die langfristige und segensreiche Verwirklichung ihrer Ziele.

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